Wenn Kinder sich durch Youtube klicken

Im Urlaub war ich auf eine Sommerparty eingeladen, bei der die Gäste den ganzen Tag im Sommerhäuschen und auf dem Grundstück der Gastgeber verbrachten und sich zu den Mahlzeiten und zu Gesprächen immer wieder zusammenfanden.

In einer Phase ohne Essen und Gespräche saß ich auf einer Bank neben zwei Zehnjährigen, die auf dem Tablet der Eltern lustige Youtube-Videos guckten. Die beiden klickten sich fröhlich durch diverse Quatschvideos und amüsierten sich prächtig. Immer wieder folgten sie den Empfehlungen von Youtube und hüpften so von einem Video zum nächsten. Ich verfolgte das nur mit halbem Ohr, denn die Sachen sind natürlich überwiegend unerträglich für Erwachsene.

Hellhörig wurde ich allerdings, als eine Stimme den Kindern erzählte, wie eine Mutter, als sie von Gangstern erschossen wurde, noch irgendwie ihr kleines Kind gerettet hatte, sodass das Kleinkind ohne Verletzungen … Ich unterbrach die Kinder und ließ mir zeigen, was sie sich da ansahen, und sagte ihnen, dass sie das Video jetzt mal lieber ausmachen sollen. Ohne Widerspruch machten sie Youtube zu, legten das Tablet zur Seite und liefen zu den anderen Kindern, die gerade Wikingerschach spielten.

Erstaunlicherweise gab es von den Kindern keine Diskussionen, kein Genörgel, überhaupt nichts. Im Gegenteil, ich hatte fast den Eindruck, dass die beiden erleichtert waren, dass sie das Video nicht weitergucken mussten.

Diese kleine Begebenheit bestärkte mich in meiner Meinung, dass es bei der Mediennutzung von Kindern in allererster Linie darauf ankommt, dass sie von Erwachsenen dabei aufmerksam begleitet werden. Denn offensichtlich verstörte das Video die beiden Zehnjährigen, doch sie waren nicht in der Lage, das zu erkennen und sich selbst aus dieser Situation zu lösen. Erst mein kurzes Eingreifen ermöglichte ihnen das.

Dass ich dafür zuvor die tausend nervigen Quatschvideos mit anhören musste, ist ein hoher Preis, aber ich befürchte, Eltern und Großeltern kommen nicht daran vorbei, den nervigen Teil in Kauf zu nehmen, um zur Stelle zu sein,

Thomas Schmidt, Medien- und Kompetenzexperte entwickelt seit mehr als 15 Jahren mit der Agentur Helliwood Bildungsinitiativen und -programme im Themenfeld digitale Medien. Er vermittelt auf eine eigene Art die faszinierend einfache Botschaft, dass wir alle mit unseren ureigenen Stärken in der Lage sind, in einer voll digitalisierten Welt zu bestehen.

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