Eine der eher unerfreulichen Phänomene der Digitalisierung ist die vielfach unterirdische Diskussionskultur in Onlineforen. Schaut man sich die Kommentare und die Namen der Kommentierenden unter Zeitungsartikeln einmal an, fällt auf: Hier scheinen vor allem Männer ihre Meinung mitteilen zu wollen. Ob das auch die Ursache für den oft rauen Ton ist, mag dahingestellt sein. Doch ganz offensichtlich sind Frauen hier eine Minderheit – und dafür muss es Gründe geben.
Recherchiert man ein wenig zum Thema, zeigt sich, dass vielen Frauen ihre Zeit zu kostbar ist, um gegen männliche Wände anzureden. Auch erscheinen ihnen die Diskussionen zu oberflächlich. Vor allem aber haben viele Frauen einfach keine Lust dazu, sich mit irgendwem einen schriftlichen Schlagabtausch zu liefern. Ohnehin gehen viele Umfragen davon aus, dass Frauen in Foren grundsätzlich härter angefeindet werden als Männer. Obendrein spielen sich viele Männer insbesondere Frauen gegenüber als selbsternannte Experten auf (Stichwort: Mansplaining) und halten ungebeten Vorträge zu welchem Thema auch immer. Frauen wägen dagegen eher ab, ob es sich überhaupt lohnt, einen Kommentar zu hinterlassen und sehen vor allem dann keinen Grund dazu, wenn sie ihre Meinung bereits vertreten sehen.
Übrigens verhält es sich in der analogen Welt ganz ähnlich: Männer schreiben häufiger Leserbriefe als Frauen. Insgesamt resultiert daraus eine Zwickmühle: In Kommentaren dominiert die männliche Meinung. Weil das so ist und einige Männer das Ganze als verbales Kräftemessen missverstehen, haben noch weniger Frauen Lust dazu, sich an den Diskussionen zu beteiligen. Das wird sich wohl erst ändern, wenn einige Männer begreifen, dass sie zwar kommentieren können, was immer sie wollen, dass es dabei jedoch um Meinungsäußerungen und konstruktive Diskussionen und nicht um einen Schlagabtausch am digitalen Stammtisch geht.