Tutorials, Video-Konferenzen und Onlinepräsentationen jeder Art – immer mehr Berufstätige müssen sich dafür rüsten, auch online bei Reden und Vorträgen eine gute Figur anzugeben und bei den Zuhörerinnen und Zuhörern gut anzukommen. Darüber, wie das gehen und worauf man dabei besonders achten soll, klären heute etliche Ratgeber auf.
Die entsprechenden Tipps findet man überall im Netz, gerade auch auf den Karriereseiten von Zeitungen. Da stehen dann Dinge wie: „Stimmen Sie Ihre Argumente individuell auf die Realität Ihres Gegenübers ab.“ – „Argumente, die von einem Gesprächspartner nicht verstanden werden oder ihn einfach nicht berühren, sind wirkungslos.“ – „Bringen Sie mit Ihren Argumenten den Sachverhalt präzise und ohne Umschweife auf den Punkt.“ – „Achten Sie bei Ihrer Argumentation auf logische und leicht nachvollziehbare Zusammenhänge.“ – „Je komplexer ein Sachverhalt ist, desto wichtiger wird eine klare, gut verständliche und anschauliche Sprache.“
Ja, das alles erscheint mir sehr sinnvoll. Und öffentlich zu reden ist ja nicht jedermanns Sache, schon gar nicht, wenn das Ganze auch noch aufgezeichnet wird und im Internet aufrufbar ist. Da ist jeder gute Tipp willkommen. – Dann allerdings kam mir das Ganze bekannt vor: Habe ich das alles nicht schon einmal gelesen? Allerdings, und zwar in der Rhetorik von Aristoteles, ein Buch, das vor gut 2.300 Jahren geschrieben wurde … Was also die „Kunst, durch Rede zu überzeugen“ (was Aristoteles unter Rhetorik verstand) angeht, scheint sich in den vergangenen zweitausend Jahren nicht allzu viel geändert zu haben.
Gut, heute steht kaum einer von uns mehr auf einer Tonne am Marktplatz, sondern im Konferenzraum oder bei einer Messe auf der Bühne. Bei der Sache selbst, nämlich seine Botschaften an den Mann und an die Frau zu bringen, scheint also alles bei Alten geblieben zu sein. Und ehrlich gesagt stehe ich auch viel lieber im Besprechungsraum, als auf dem Marktplatz rumschreien zu müssen.